Visuelle Illusionen
Optische Täuschungen - Realität wird subjektiv interpretiert
Beim Seh-Vorgang wird die Realität nicht 1:1 als visuelles Bild wiedergegeben. Die von den Objekten abgegebenen Lichtsignale werden in Nervenimpulse umgewandelt. Dabei kommt es zu Verarbeitungsfehlern, die in der Unzulänglichkeit des Seh-Apparats begründet sind. Sie werden als optische Täuschungen oder visuelle Illusionen bezeichnet.
Wie optische Täuschungen entstehen
Als optische Täuschungen bezeichnet man Fehlwahrnehmungen, die bestimmte
Teilbereiche des Sehens betreffen. Das Seh-System schätzt die Art,
Größe, Farbe, Helligkeit etc. des Gesehenen falsch ein. Sie entstehen
immer dann, wenn das Gehirn versucht, Sinneseindrücke mit bekannten
Erfahrungen abzugleichen. Optische Täuschungen sind Gegenstand der
Wahrnehmungspsychologie und der Gestaltpsychologie.
Wie es zu den optischen Täuschungen kommt, ist noch nicht vollständig
erforscht. Der Sinneseindruck gelangt über die Netzhaut des Auges und
die gekreuzten Sehnerven ins Gehirn. Da man beim Betrachten seine Augen
bewegt, entstehen diverse Bilder des Gesehenen. Da jedoch nur etwa 10%
der Nervenfasern, die Sinneseindrücke übermitteln, ins Sehzentrum im
Gehirn führen, kommen die Signale dort nur schwach an. Unscharfe Bilder
werden sofort gelöscht. Die scharfen Seh-Bilder werden mit gemachten
Erfahrungen abgeglichen und bewertet. Kann das Gehirn die ohnehin
schwachen Signale nicht richtig mit gespeicherten Informationen in
Übereinstimmung bringen oder nur unzureichend verarbeiten, entstehen
optische Täuschungen.
Die visuellen Illusionen sind der Beweis dafür, dass das menschliche
Sehen störanfällig ist und aufgrund seiner anatomischen Begrenztheit
bestimmte Bereiche der sichtbaren Realität nicht erfassen kann.
Arten von optischen Täuschungen
Optische Täuschungen kommen in allen Teilbereichen des Sehens vor:
Farbillusionen
Schaut man einige Zeit auf eine grell-farbige Figur und danach auf eine Fläche mit normaler Helligkeit, produzieren die Augen ein komplementär-farbiges Nachbild: Eine grell-grüne Figur wird dann als rotes Nachbild gesehen, eine lilafarbene als gelbes. Nachbilder entstehen dann, wenn der beim Seh-Vorgang ablaufende chemische Prozess durch Ermüdung kurzzeitig aussetzt.
Geometrische Illusionen
Senkrechte und waagerechte Linien werden als wellenförmig wahrgenommen, obwohl sie hundertprozentig gerade sind. Zwei parallel liegende und gleich lange Pfeile mit unterschiedlich gestalteten Enden (Pfeilspitze nach innen und Pfeilspitze nach außen) werden als unterschiedlich lang wahrgenommen.
Helligkeitsillusionen
Zwei graue Quadrate gleicher Helligkeitsstufe werden als unterschiedlich hell angesehen: Das Quadrat vor dem dunklerem Hintergrund wirkt heller als das andere Quadrat.
Größen-Illusionen
Da das Auge die Größe immer in Abhängigkeit von der Umgebung wahrnimmt, werden tatsächlich gleich große Figuren als verschieden groß angesehen. Die Figur im Bild Vordergrund erscheint größer als die im Hintergrund befindliche. Der Grund: Obwohl es sich um ein zweidimensionales Bild handelt, macht das Auge daraus einen Raum und konstruiert eine Perspektive. Durch die gedachten Fluchtlinien erscheint alles weiter "hinten" Befindliche kleiner (Tiefen-Illusion).
Figur-Hintergrund-Phänomene (Kippbilder)
Ein Bild kann auf verschiedene Arten gesehen werden. Eine pokalähnliche Vase beispielsweise kann auch als zwei Gesichter interpretiert werden. Wenn man versucht, die Figur vom Hintergrund zu trennen, sieht man einmal die Vase und ein anderes Mal die Gesichter.
Illusionen, die im Alltag vorkommen
Der Eindruck von Bewegung kommt dadurch zustande, dass eine riesige Anzahl von Bildern sehr schnell hintereinander dargeboten werden. Auf diesem Prinzip basiert die Herstellung von Filmen und Videos. Ein weiteres Beispiel: In bestimmten landschaftlichen Umgebungen scheinen Straßen, die tatsächlich bergauf führen, nach unten zu führen und umgekehrt. Welchen Eindruck die Straßenführung auf den Betrachter macht, ist von der Gestaltung der Umgebung abhängig.
Siehe auch: